Es hätte kaum schlimmer kommen können. Kooperation mit Gentechnik-Konzernen wie Mosanto, Belästigung der Tiger, die sie zu schützen vorgeben, Umsiedlung indigener Völker und Teilnahme/Unterstützung/Befürwortung der Vernichtung von Regenwald – das sind die Vorwürfe, die der preisgekrönte Filmemacher Wilfried Huismann in seinem Film "Der Pakt mit dem Panda" erhebt.
Aus der ARD-Mediathek fast schon wieder depubliziert (schnell sichern!) ist das Werk inzwischen auch bei Youtube zu finden.
Schlimmer konnte es kaum kommen. Wäre da nicht das Internet mit seiner verstärkenden Wirkung – insbesondere für Skandale aller Art.
Aber das Internet gibt dem auch WWF die Gelegenheit, seine Position darzustellen. Dabei macht er nicht alles falsch – es gibt zunächst einen Twitter-Account und sowohl auf Facebook als auch auf der eigenen Website gibt es eine Art Chat/Forum und Gegendarstellungen zu einigen Aussagen des Films.
Im Detail läuft es dann eher nicht so gut. Dass sich die Gegendarstellung des WWF objektivistisch selbst als "Faktencheck" darstellt, mag man als angemessene Reaktion auf den auch nicht gerade zimperlichen Stil des Film sehen. Ich würde mir bei einer ohnehin schon kritischen Diskussion eher ein nüchterneres Auftreten wünschen.
Auch dass die WWF-Diskutanden um kurz vor sechs den (Diskussions-)Laden dicht machen, ist zwar aus Mitarbeitersicht verständlich, aber vielleicht wären in einer solchen Situation doch ein paar Überstunden angebracht. Zumindest als Geste der Kommunikationsbereitschaft.
Zu den Fakten selbst wird es inzwischen ziemlich unübersichtlich. Neben dem WWF-"Faktencheck" hat auch Wilfried Huismann eine Stellungnahme abgegeben (quasi der "Faktencheck zum Faktencheck"). In guter Guttenberg’scher Tradition gibt es inzwischen auch ein Wiki, das wiederum auf allerlei Sekundärquellen und Blogs verweist. Bei Google gibt es zu "pakt mit dem panda" (28.6. – 8:30 Uhr) über 1,1 Mio Treffer.
Einige Blogger haben sich mit der Kommunikationstrategie des WWF befasst und sie ausführlich auseinander genommen. Grundsätzlich lässt sich wohl sagen, dass es eine gewisse professionelle Vorbereitung gab, die aber dann im Detail Lücken hatte und/oder von der Menge des negativen Feedbacks überrollt wurde.
Andere Organisationen können aus dem Beispiel einiges lernen – mir persönlich sind vor allem diese Aspekte aufgefallen:
- Grundsätzlich muss eine Organisation auf eine derartige Krise vorbereitet sein (Binsenweisheit der Krisen-PR) – wenn es erst einmal losgeht, ist es zu spät!
- Geschwindigkeit ist entscheidend. In Zeiten der Netzkommunikation läuft das (negative) Feedback sehr viel schneller ein als früher. Auch die Gegendarstellungen müssen daher sofort da sein. (Gerade bei einer Krise mit Ansage wie einem kritischen Filmbeitrag.) Auch die Website sollte vorbereitet sein (siehe weiter unten).
- Das Feedback sollte – soweit möglich – kanalisiert werden, um die eigenen Kräfte nicht zu zersplittern. Der WWF bot zunächst drei Kanäle an (Twitter, Facebook und die eigene Website) – die aber gar nicht personell betreut werden konnten. Daher würde ich alles Feedback auf eine Stelle verweisen – die muss dann aber das auch aushalten können (personell, organisatorisch und technisch). Es ist natürlich nicht überall möglich, Diskussionen umzulenken – aber zumindest auf eigenen Präsenzen geht das. Wo es nicht geht, müssen Mitarbeiter "vor Ort" sein und nach Möglichkeit auf die "offiziellen Seiten" verweisen. Wichtig ist dabei, dass Verweise inhaltlich begründet werden.
- Personalkapazitäten: Nichts ist schlimmer als unbeantwortete Kritik. Die Personalkapazitäten müssen ausreichen, um alles Feedback zu beantworten. Wenn nicht in der Krise, wann dann ist die richtige Zeit für ein paar Überstunden…
- Sachlichkeit. Auch wenn die Emotionen hoch schlagen und die Gegenseite evtl. selbst nicht immer sachlich bleibt: die eigen Reaktion sollte ausschließlich durch Fakten gedeckt sein. Nichts wirkt hilfloser als ein Beschuldigter, der offensichtlich unsachlich zurückschlägt. In dem Zusammenhang gefällt mir auch der "PR-Stil" der WWF-Seite nicht. "Neue Details widerlegen Aussagen der ARD-Sendung…" – das klingt zu sehr wie eine unabhängige Nachricht. Die Leser wissen aber, dass sie hier auf den Seiten des WWF sind und dies die Aussage eines "Betroffenen" ist. Das Urteil, wer was widerlegt, möchte der Leser selbst fällen.
- Übersicht. Auf den Seiten des WWF ist es inzwischen recht unübersichtlich geworden. Mehrere lange Seiten mit Texten und Videos, eine lange FAQ-Liste und ein Diskussionsforum mit über 2000 Beiträgen machen es sehr schwer, alles zu überblicken. Ich würde mir eine gut gegliederte Sonder-Seite wünschen, die alle Vorwürfe des Films – nach Themen sortiert – aufgreift und zwar in einer leicht verständlichen, immer gleichen Art: Vorwurf in Kurzfassunggenaue Formulierung des Vorwurfskurze Entgegnung dazudetaillierte EntgegnungLinks zu noch mehr Details und älteren Materialien konkrete Beispiele / Videobeiträge. Es täte der Glaubwürdigkeit auch gut, wenn man darstellen würde, in welcher Hinsicht ein Vorwurf auch einen wahren Kern hat ("Richtig ist, dass… – Es stimmt aber nicht, dass…").Auch im Diskussionsforum sollte bei Antworten dann immer auf den entsprechenden Punkt verwiesen werden.
- Konsequenz.Es ist nicht verständlich, warum gegen – angeblich Falschaussagen – nicht auch juristisch vorgegangen wird. Es ist verwerflich (und kommt nicht gut an), Kritiker mit Tricks (Urheberrecht, etc.) mundtot zu machen. Etwas anderes sind behauptete Falschaussagen. Hier wird sogar erwartet, dass gegen belegbar falsche Tatsachenbehauptungen vorgegangen wird. Alles andere säht Zweifel am Vertrauen in die eigene Position.
Update: In einem Artikel auf Facebook beschreibt der WWF seine Kommunikationsanstrengungen.
Update 2: Auch PR-Blogger Klaus Eck beschäftigt sich mit der Krisenkommunikation des WWF – und stellt ihm ein ganz gutes Zeugnis aus.
Disclaimer: Ich war/bin ehrenamtlich für Greenpeace tätig. je nach Sichtweise könnte man daraus auf Konkurrenz oder Nähe zum WWF schließen.
Update 3: Wilfried Huismann antwortet auf die Entgegnungen des WWF
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